Konzerthaus Dortmund

Ein Grund zum Feiern

Einzelkämpferin oder Salonlöwe an der Geige zu sein liegt ihnen nicht im Blut: Für Isabelle Faust ebenso wie für die Geschwister Tanja und Christian Tetzlaff fordert das Wesen der Musik immer Gemeinsamkeit – auf und gern auch hinter der Bühne.

Wenn Stars der Klassik Kammermusik machen, ist das Ergebnis nicht immer erfreulich. Zuweilen sind die Egos der Beteiligten so groß, dass eher Solistinnen und Solisten auf der Bühne sind, keine wirklichen Ensembles. Solchen persönlichen Allüren läuft das Tripelkonzert von Ludwig van Beethoven sowieso zuwider. Schon die Zeitgenossen hat das verwirrt, sie erwarteten Leichtes, Modisches und Virtuoses. Beethoven aber gab ihnen ein Werk, in dem das erste Mal überhaupt eine klassische Klaviertrio-Besetzung gegen das Orchester antritt. Die Instrumente kommunizieren eher miteinander als dass sie sich in den Vordergrund drängen. Isabelle Faust, Kristian Bezuidenhout und Sol Gabetta sind für dieses Werk wohl eine Idealbesetzung. Sie sind erfolgreich solistisch unterwegs, aber auch großartige Kammermusikerinnen und -musiker. Sie wissen, wie sie mit den vielen Möglichkeiten des Dialogs und des Wechselspiels umgehen müssen, die Beethoven im Tripelkonzert eröffnet. Gabettas und Bezuidenhouts gemeinsames Musizieren hat eine Schweizer Zeitung als »behutsam und hellhörig« gelobt. Auch mit Isabelle Faust hat Bezuidenhout schon gespielt – und mit ihr vor ein paar Jahren eine hoch gelobte Bach-CD aufgenommen. Isabelle Fausts Vorstellung vom Musikmachen kommt das Tripelkonzert ganz besonders entgegen: »Pures Solospiel mit Begleitung interessiert mich nicht«, sagt sie. »Im Grunde gehe ich auch große Konzerte wie Kammermusik an – vorausgesetzt ich habe den richtigen Dirigenten und das richtige Orchester.« Da ist sie beim Kammerorchester Basel an der richtigen Adresse. Das wird im Konzert am 24. Juni zum Abschluss der Saison historisch informiert von ihrem Ersten Gastdirigenten Giovanni Antonini geleitet. Er sorgt für eine feine klangliche Abstimmung der Musikerinnen und Musiker und wird auch Beethovens Sinfonie Nr. 8 den nötigen Schubs Humor mitgeben.

  • © Felix Broede, Julia Wesely, Marco Borggreve
    © Felix Broede, Julia Wesely, Marco Borggreve
  • Isabelle Faust spielt Beethoven Tripel-Konzert
  • Kristian Bezuidenhout © Marco Borggreve
    Kristian Bezuidenhout © Marco Borggreve
  • Giovanni Antonini © Marco Borggreve
    Giovanni Antonini © Marco Borggreve
  • Sol Gabetta © David Maupilé
    Sol Gabetta © David Maupilé
  • Isabelle Faust © Felix Broede
    Isabelle Faust © Felix Broede

In ihrer frühen Karriere ist Isabelle Faust für einige Jahre Zweite Geigerin in ihrem eigenen Streichquartett gewesen. Eine Schule des Lebens: Musik als Geben und Nehmen, als Zuhören und sich Mitteilen. In einem Ensemble wie diesem sind die Beziehungen untereinander sowieso sehr eng. Noch intimer und selbstverständlicher wird es, wenn Geschwister miteinander musizieren – wie beim Tetzlaff Quartett. Christian Tetzlaff und seine Schwester Tanja gründeten es 1994, fast 30 Jahre spielte es Jahre in Originalbesetzung. Komplettiert wird es durch die Geigerin Elisabeth Kufferath, Professorin in Hannover, und Hanna Weinmeister an der Bratsche, die seit 1998 Erste Konzertmeisterin am Opernhaus Zürich ist.

Auch hier ist es selbstverständlich, dass sich niemand über Gebühr profiliert. Schon gar nicht der Primarius. Christian Tetzlaff hat sich in seiner Solokarriere an die geigerische Weltspitze gespielt. Er ist flexibel, bescheiden, virtuos und immer auf der Suche nach dem wahren musikalischen Kern der Stücke. Die Freundschaften, Beziehungen und historischen Verflechtungen in seinem Quartett sind dicht. Das hat auch mit der persönlichen Geschichte seiner Mitglieder zu tun. Elisabeth Kufferath und Hanna Weinmeister stammen beide aus weit verzweigten Musikerfamilien, deren Wurzeln tief in die Vergangenheit zurückreichen. Kufferaths Urgroßvater ist noch mit Johannes Brahms bekannt gewesen. Dessen a-moll-Quartett haben die Tetzlaffs am 24. Mai in Dortmund aufs Programm gesetzt. Ein herausforderndes Werk, für das Quartett genauso wie für das Publikum. Eine »Zangengeburt« hat es Brahms selbst genannt. Apropos: Glaubt man der Biografie von Nikolaus von Nissen, hat Wolfgang Amadeus Mozart sein d-moll-Quartett 1783 komponiert, während seine Frau Constanze mit Sohn Raimund Leopold im Kindbett lag. Ob das tatsächlich so gewesen ist? Diese Musik jedenfalls hat außergewöhnlich schmerzlichen Charakter. 

Auf andere Art passioniert ist die »Lyrische Suite« von Alban Berg, eine geheime Liebeserklärung in Tönen. Das Werk passt wunderbar zum »Glaubensbekenntnis« des Tetzlaff Quartetts. »Kammermusik ist für uns eine Herzensangelegenheit«, meint Tanja Tetzlaff. Finden die vier am Ende klanglich zusammen, trotz Solokarrieren, Dozentenjobs und anderen Dingen, die sie als Quartett immer wieder auseinander treiben? Natürlich. Aber auch, wenn es nicht so wäre: Absolute Perfektion findet Christian Tetzlaff nicht so entscheidend. »Im Quartett kommen wir vier aus verschiedenen Ecken. Man versucht, sich anzugleichen, aber dass die Dinge klanglich etwas unterschiedlicher sind, ist auch eine Qualität.« Was er jedoch fürchtet ist, wenn die Freude beim Musizieren auf der Strecke bleibt. »Kammermusik spiele ich nur noch mit Leuten, mit denen ich auch hinterher feiern möchte. Da hat man eine doppelte Motivation.«

    • Mi 24.05.2023
    • 20.00 Uhr

    Kammermusik

    Tetzlaff Quartett

    • Sa 24.06.2023
    • 20.00 Uhr

    Orchesterkonzert

    Isabelle Faust – Sol Gabetta – Kristian Bezuidenhout

    Saisonabschluss mit dem Kammerochester Basel und Beethovens Tripelkonzert