Musik zum Weinen schön

Thomas Hengelbrock und seine Balthasar-Neumann-Ensembles hauchen mit dem gefeierten Countertenor Jakub Józef Orliński und der Sopranistin Regula Mühlemann Glucks Reformoper »Orfeo ed Euridice« neues Leben ein.

  • Thomas Hengelbrock © Florence Grandidier
    Thomas Hengelbrock © Florence Grandidier
  • Jakub Józef Orliński © Tatiana Daubek
    Jakub Józef Orliński © Tatiana Daubek
  • Jakub Józef Orliński © Kamil Szkopik
    Jakub Józef Orliński © Kamil Szkopik
  • Regula Mühlemann © Henning Ross
    Regula Mühlemann © Henning Ross

Es ist einer der am häufigsten vertonten Opernstoffe der Geschichte: Der Mythos vom liebenden Sänger Orpheus, der in die Unterwelt absteigt, um seine verstorbene Geliebte Euridice zurückzuholen. Allein Wikipedia listet knapp 70 Vertonungen des Stoffes, von denen neben der Fassung Monteverdis die Vertonungen Glucks sicher zu den berühmtesten zählen.

Als Gluck mehr als anderthalb Jahrhunderte nach Monteverdi das Thema des Orpheus-Mythos aufgriff, strebte er zugleich nach einer Neuordnung der bis dahin geltenden Regeln der Oper. Er gab der dramatischen Handlung den Vorzug, die in seinen Augen in perfekter Harmonie mit der musikalischen Komposition stehen müsse. So traten an die Stelle virtuoser Koloraturarien natürlichere und schlichtere Formen des Gesangs. Aus dieser Reflexion entstand ein innovatives Werk, das durch den unglaublichen Reichtum der Ballette und insbesondere der Chöre eine leuchtende Schönheit ausstrahlt und gleichzeitig die Codes der Vergangenheit reformiert. 

Die Figur des Orpheus, der mit seinem Gesang und dem Spiel seiner Lyra sogar Steine zu Tränen rühren kann, ist natürlich ein Geschenk und eine Herausforderung zugleich für jeden Sänger. In der Produktion mit Thomas Hengelbrock und seinen Balthasar-Neumann-Ensembles, die nun nach Dortmund kommt, übernimmt der gefeierte Countertenor Jakub Józef Orlinski die Partie des Orfeo und präsentiert sich damit erstmals in der Brückstraße.

Der junge polnische Sänger, der neben seiner Gesangslaufbahn auch Erfolge als Breakdancer feiert, sieht in seiner Leidenschaft für diese so gegensätzlichen Kunstfelder eine Bereicherung für seine Bühnendarstellung, da sein Körperbewusstsein ihm auf der Opernbühne ebenso hilft wie bei konzertanten Aufführungen. Er arbeitete bereits mit namhaften Dirigenten und Ensembles der Alte-Musik-Szene und seine Live-Aufführung von Vivaldis »Vedrò con mio diletto« 2017 – in Freizeitkleidung, weil es ihm als Radio-Produktion angekündigt worden und er über Publikum und Filmaufnahmen nicht im Bilde war – zählt mehr als acht Millionen Abrufe bei YouTube. 

Orlinskis musikalische Partnerin ist die junge Schweizerin Regula Mühlemann, die als Euridice mit ihrem glasklaren Sopran das Duo aus Jugend und musikalischer Leichtigkeit ergänzt. Die beiden Liebenden gießen die eindrückliche Erfahrung des schmerzhaften Abstiegs in die Unterwelt in Töne, und selbst die Liebe, hier verkörpert von Elena Galitskaya in der Rolle des Amor, wird sie nicht retten können: Die ganze Palette des Liebesliedes komprimiert in einer der bewegendsten Kompositionen Glucks eröffnet so die Reihe der Konzertanten Oper der Saison 2022/23 im Konzerthaus Dortmund.

    • Mo 03.10.2022
    • 18.00 Uhr

    Konzertante Oper

    Gluck Orfeo ed Euridice ‒ Thomas Hengelbrock

    Countertenor-Star Jakub Józef Orliński gibt sein Konzerthaus-Debüt als Orfeo