Der Franzose Raphaël Pichon ist bekannt dafür, in seinen Programmen enge Verbindungen zu suchen und zu schaffen. Am 15. Januar 2023 stellt er mit seinem großartigen Ensemble Pygmalion das Werk des Thomaskantors Johann Sebastian Bach dem Schaffen seines Sohnes Carl Philipp Emanuel und Felix Mendelssohns gegenüber, der zur Wiederentdeckung der Musik Johann Sebastian Bachs im 19. Jahrhundert einen wichtigen Beitrag geleistet hat . Seine »Lobgesang«-Sinfonie wurde an Bachs wichtigster Wirkungsstätte uraufgeführt: der Thomaskirche in Leipzig.
Die Motetten Bachs sind Pichons Lebenselixier: »Es gibt keine andere Sammlung von Musikstücken, die einem so viel geben könnte wie die Motetten von Johann Sebastian Bach. Ich hatte das unvergleichliche Glück, sie seit meinem elften Lebensjahr immer und immer wieder singen zu dürfen, und sie werden mich niemals loslassen, denn wer sie sind singt und hört, wird davon nachhaltig geprägt«, hat Pichon, der seine Karriere als Countertenor begann, in einem Text zu einer eigenen Aufnahme der Motetten geschrieben. Anders als bei den Kantaten, bei denen Bach an textliche und liturgische Vorgaben gebunden war, konnte er bei den Motetten freier verfahren, die meist anlässlich von Begräbnis- oder Gedenkfeiern entstanden. Pichon schwärmt: »Er spricht hier ohne Umschweife zu uns, und der ausgelassene Übermut, dem er hier freien Lauf ließ, sucht in seiner sakralen Musik seinesgleichen.«
Die Kunst der Motetten und Kantaten hatte bei Familie Bach eine lange Tradition und war mit Johann Sebastian nicht zu Ende. Er schöpfte aus einem reichen Fundus zum einen seiner Familie, in der es seit Anfang des 17. Jahrhunderts Komponisten gab, die Motetten schrieben – ein Vorbild war sicher sein Großonkel Johann Christoph. Bach kannte aber auch neue Entwicklungen wie die venezianische Mehrchörigkeit, die vom Markusdom in Venedig inspiriert worden war und die er meisterhaft anwandte – Höhepunkt war die Matthäus Passion mit ihren beiden Orchestern und Chören. Auch in der Motette »Der Geist hilft unserer Schwachheit auf« vereinigen sich die beiden Chöre zu einem vierstimmigen Satz. Entstanden ist das Stück anlässlich einer großen Trauerfeier in der Leipziger Paulinerkirche zur Beerdigung des Professors und Rektors Ernesti, die am 20. Oktober 1729 stattfand.
Bachs wohl berühmtester Sohn Carl Philipp Emanuel, der berühmteste Spross, folgte den Spuren seines Vaters. Und Mendelssohn darf nicht nur als einer der prominenten Wegbereiter zur Wiederentdeckung der Musik Johann Sebastian Bachs im 19. Jahrhundert gelten – seine geistlichen Werke, aber auch der »Lobgesang«, seine zweite Sinfonie aus dem Jahr 1840, stehen eindeutig in der Tradition des Thomaskantors. Er selber nannte das Werk »Symphonie für Chor und Orchester« und lässt drei Sinfoniesätzen zwölf Chor- und Solosätze folgen.
Die strukturellen Parallelen zu Beethovens Neunter haben ihm manch bissigen Kommentar seiner Zeitgenossen eingebracht, aber im Grunde geht er weiter als sein Vorgänger, denn er löst den Gegensatz zwischen Instrumental- und Vokalmusik praktisch auf. Ähnlich wie bei Bach aus tief empfundener Religiosität: Geistliche Grundlage des »Lobgesangs« ist der Psalmvers »Alles, was Odem hat, lobe den Herrn!«
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- Mitwirkende
- Mitwirkende
- Julia Kleiter Sopran
- Hagar Sharvit Mezzosopran
- Robin Tritschler Tenor
- Ensemble Pygmalion
- Raphaël Pichon Dirigent
- Programm
- Programm
- Carl Philipp Emanuel Bach »Heilig« Kantate Wq 217
- Johann Sebastian Bach »Der Geist hilft unser Schwachheit auf« Motette BWV 226
- Felix Mendelssohn Bartholdy Sinfonie Nr. 2 B-Dur op. 52 »Lobgesang«
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