Der Bach-Schock
Gemeinsam mit seinem Ensemble Pygmalion und einer illustren Schar von Sängerinnen und Sängernbringt Raphaël Pichon Bachs Johannes-Passion auf die Bühne des Dortmunder Konzerthauses – als bewegendes Menscheits-Drama.

Was tun als Dirigent, wenn man auf der Suche nach musikalisch Gleichgesinnten ist, die in einem organisch gewachsenen Klangkörper eine kollektive Lust empfinden, immer tiefer in die Meisterwerke vergangener Epochen einzutauchen, ihre Bedeutung zu entschlüsseln, Schicht für Schicht, um ihren Geheimnissen und Botschaften so nahe wie möglich zu kommen? Na klar, man gründet sein eigenes Ensemble. Nikolaus Harnoncourt, der Nestor der barocken Klangrede, hat es getan. Ebenso der Musikforscher und Gambist Jordi Savall oder der Dirigent Philippe Herreweghe, beide ausgewiesene Experten der historischen Aufführungspraxis, in deren Interpretationen die vermeintlich Alte Musik ganz lebendig zu uns Menschen von heute zu sprechen beginnt. Und sie sind nicht allein: Unter den jüngeren Ensembleleitern führt etwa Raphaël Pichon die Idee weiter, mit einem Kollektiv an Spezialkräften dem jeweiligen musikalischen Stil der unterschiedlichen Epochen am besten gerecht zu werden. Der 1984 in Paris geborene Künstler hat sich längst einen klangvollen Namen nicht nur in der Alten-Musik-Szene gemach. Seine Laufbahn begann er zunächst, nach dem Studium am Konservatorium seiner Heimatstadt, als Countertenor, stand als Sänger u. a. mit den Altmeistern Jordi Savall, Gustav Leonhardt und Ton Koopman auf der Bühne. 2006 dann, da war Raphaël Pichon Anfang Zwanzig, gründete er sein mittlerweile hochdekoriertes Ensemble Pygmalion, das aus einem Chor und einem Orchester besteht, das auf historischen Instrumenten spielt. Seinen Anspruch in der gemeinsamen Arbeit hat er in einem Interview mit dem Konzerthaus einmal so bezeichnet: »Mir geht es immer darum, Leidenschaft bei allen Musikerinnen und Musikern zu entfachen und in der Auseinandersetzung mit der Musik auf unser Publikum zu übertragen.«
Pate bei der Namensfindung stand übrigens der antike Bildhauer Pygmalion, der sich eine perfekte Frau als Statue schuf, die von der Göttin Aphrodite schließlich zum Leben erweckt wurde. Ganz ähnlich also, wie Raphaël Pichon die leblosen Partituren zu lebendigen Klangskulpturen erweckt. Akribisch feilt er an feinsten klanglichen Details, an der Klarheit der Linienführung und der Transparenz des Orchestersatzes. Im letzten Herbst ist eine Aufnahme von Mozarts Requiem erschienen, das Pichon auch schon am Konzerthaus Dortmund dirigiert hat. Satt und farbenreich klingen Chor und Orchester darauf, im ›Dies irae‹ brennt ein gewaltiger Ausdruckswille, technisch brillant umgesetzt, trotz des rasenden Tempos. Eine kompromisslose, bestürzende Interpretation ist ihm damit gelungen. Wie klug er außerdem die historischen Verbindungslinien mitdenkt und für uns hörbar macht, zeigt etwa seine Einspielung von Rameaus Oper »Castor et Pollux«, auf der auch seine Ehefrau, die Sopranistin Sabine Devieilhe zu hören ist: Nicht nur die Verbindung zu Rameaus Vorgänger Lully klingt hier mit, sondern auch der Ausblick auf den Opernreformer Gluck.
Seit nunmehr fast 20 Jahren erkundet Raphaël Pichon gemeinsam mit Pygmalion die Hauptschauplätze der Musikgeschichte ebenso wie die etwas im Schatten liegenden, aber nicht weniger lohnenden Gefilde. Ausgehend vom (Früh-)Barock ist er mittlerweile bis weit in die Romantik vorgedrungen ist. Aber es gibt es einen Komponisten, der eine besondere Rolle in seinem so erfolgreichen Dirigentenleben spielt: Johann Sebastian Bach. Der habe sein Leben verändert, sagte er in einem Interview. Von dem Moment an, als er mit neun Jahren im Knabenchor in Versailles die Johannes-Passion von Bach sang. »Es war wie ein Schock, wie eine Explosion in meinem Kopf. Unglaublich! Ich hatte nie vorher eine solche emotionale Kraft erlebt«, erinnert er sich später. Es sei das »einzigartige Gleichgewicht zwischen Herz und Verstand«, das den zeitlosen Zauber dieser Musik ausmache. Eine Musik, die zwar extrem komplex sei, uns gleichzeitig aber ganz unmittelbar berühre.
Ähnlich wie mit seinem Ensemble Pygmalion setzt Raphaël Pichon auch im Gesangscast gerne auf bewährte Weggefährtinnen und -gefährten: den geschmeidigen Tenor von Andreas Wolf zum Beispiel, oder die androgyne Kontra-Altstimme von Lucile Richardot. Und immer wieder auch auf den eindringlichen Evangelisten von Julian Prégardien. Komplettiert werden diese Pichon-Spezialkräfte beim neuerlichen Gastspiel in Dortmund u. a. durch den edel-klangschönen Bariton des noch jungen Huw Montague Rendall.
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- Mitwirkende
- Mitwirkende
- Ying Fang Sopran
- Lucile Richardot Alt
- Laurence Kilsby Tenor
- Julian Prégardien Evangelist
- Huw Montague Rendall Jesus
- Andreas Wolf Pilatus
- Ensemble Pygmalion
- Raphaël Pichon Dirigent
- Bertrand Couderc Licht
- Programm
- Programm
- Anonymus »O Traurigkeit, o Herzeleid«
- Johann Sebastian Bach Teil I aus Passio secundum Joannem (Johannes-Passion) für Soli, Chor und Orchester BWV 245
- Johann Sebastian Bach ›Sehet, wir gehn hinauf gen Jerusalem‹ aus »Sehet, wir gehn hinauf gen Jerusalem« Kantate BWV 159
- Johann Sebastian Bach ›Es ist vollbracht‹ aus »Sehet, wir gehn hinauf gen Jerusalem« Kantate BWV 159
- Johann Sebastian Bach ›Christe, du Lamm Gottes‹ aus Passio secundum Joannem (Johannes-Passion) für Soli, Chor und Orchester BWV 245
- – Pause –
- Johann Sebastian Bach Teil II aus Passio secundum Joannem (Johannes-Passion) für Soli, Chor und Orchester BWV 245
- Jacobus Gallus »Ecce quomodo moritur«
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