Dirigent Tarmo Peltokoski ist auf steilem Karrierekurs. »Ich weiß jetzt schon, wo ich in den nächsten drei oder vier Jahren auftreten werde«, sagt er. Dortmunder wissen es auch, Peltokoski ist nämlich für drei Spielzeiten Exklusivkünstler am Konzerthaus.
»Es war schrecklich. Eine wirklich absurde Erfahrung, ich habe mich gefühlt wie in einem Film von Fellini.« Wie muss das sein, etwas unbedingt machen zu müssen, obwohl es große Überwindung kostet? In allen Details kann sich Tarmo Peltokoski nicht mehr an den Moment erinnern, als er der finnischen Pädagogen-Legende Jorma Panula vordirigiert hat. Es war 2014, in seiner finnischen Heimatstadt Vaasa. Auf dem Programm des Städtischen Orchesters und auf seinem Pult: Mozarts Ouvertüre zur »Zauberflöte«. »Für ein vierzehnjähriges Kind, und ich sage bewusst ›Kind‹, das vor Erwachsenen und professionellen Musikerinnen und Musikern steht, war das tatsächlich beängstigend.«
Wie ist er dort hingekommen? Alles beginnt, als Peltokoski mit elf Jahren Daniel Barenboims Aufnahme von Richard Wagners »Ring«-Tetralogie kennenlernt. »Damals erwachte mein Interesse am Dirigieren. Daraus entwickelte sich dann alles.« Ein guter Pianist ist er da bereits, als Achtjähriger beginnt er mit dem Unterricht. Doch mit Wagner entwickeln sich seine Interessen nach und nach in eine andere Richtung. Vier Jahre nach seinem Vorspiel tritt er mit 18 Jahren in die Dirigierklasse von Sakari Oramo an der Sibelius-Akademie in Helsinki ein. Klavierspielen wird immer mehr zur Nebensache. Zu seinen Mentoren zählt damals vor allem Esa-Pekka Salonen, der ihm rät, das sinfonische Repertoire und auch viele Opern gut zu studieren.

Tarmo Peltokoskis Vater stammt aus Finnland, seine Mutter von den Philippinen. »Ich habe meine Kindheit damit verbracht, Reis zu essen«, sagt der Dirigent mit Augenzwinkern. Humor hat er auch, das steht fest. Musikalisch sei seine Familie eher nicht gewesen. »Aber Mozarts Musik war doch allgegenwärtig bei uns. Ich weiß noch, dass ich die ›Zauberflöte‹ mit ungefähr elf Jahren zum ersten Jahr gesehen habe«. Diese Oper, Mozarts Musik überhaupt, bedeutet Tarmo Peltokoski viel. Da ist es naheliegend, dass der Exklusivkünstler des Konzerthauses in der Saison 2025/26 dieses Werk auch an den Anfang seiner Zeit in Dortmund setzt. Die Saison wird damit glanzvoll eröffnet. Peltokoskis Auftritte in Dortmund sind ein Panorama alles dessen, was dieser junge Dirigent derzeit will und kann. Sein erstes Konzert gestaltet er zudem mit einem Orchester, dem er schon eine glühende Liebeserklärung gemacht hat. Er ist noch Student, als er 2020 die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen das erste Mal leitet. 2022 wird er Erster Gastdirigent – der erste in dieser Position seit 42 Jahren. Mittlerweile sind die Bremer Musikerinnen und Musiker zu einer Familie für ihn geworden. »Es ist eine Gruppe ganz besonderer Menschen. Und ich kenne sie persönlich sehr gut. Der Zugang war sofort da. Das ist bis heute so geblieben.« Tarmo Peltokoski hält Mozarts Musik für ideal, um das besondere Profil der Kammerphilharmonie ins rechte Licht zu rücken. Deswegen hat er auch mit diesem Orchester seine Debüt-CD mit Mozart-Sinfonien bei der Deutschen Grammophon eingespielt. Er ist der jüngste Dirigent, den das Label je unter Vertrag genommen hat. Auch die »Zauberflöte« wird in Dortmund sicher in dem anregenden »Bremer Sound« erklingen, der auch die Sinfonien auszeichnet: historisch informiert, schlank im Klang, genau im Detail.
Tarmo Peltokoski wird im Moment mit Anfragen überhäuft. Wie will er das alles bewältigen? Seit 2022 ist er musikalischer und künstlerischer Leiter des Latvian National Symphony Orchestra in Riga, dazu seit der aktuellen Saison Musikdirektor des Orchestre National du Capitol de Toulouse, mit dem er auch schon im Konzerthaus zu hören gewesen ist. Peltokoski wird ab 2025 beim Hong Kong Philharmonic als Musikdirektor antreten. Seit 2022 ist er auch Erster Gastdirigent des Rotterdam Philharmonic Orchestra. Mit ihm wird er im Oktober nach Dortmund kommen. Zwei sinfonische Publikumslieblinge hat er dabei, zum einen das Violinkonzert von Tschaikowsky, gespielt von Nachwuchsstar Daniel Lozakovich; zum anderen die »Leningrader« Sinfonie Nr. 7 von Dmitri Schostakowitsch – auch als Tribut zum 50. Todestag des Komponisten. »Die lauteste Sinfonie, die je komponiert worden ist«, scherzt Peltokoski im April bei der Vorstellung der neuen Saison im Konzerthaus Dortmund. Zum Beweis hechtet er an den Flügel, um ihn zum Erbeben zu bringen. Zum Schluss schüttelt er noch ein brillantes kleines Potpourri über die »Zauberflöte« aus dem Ärmel. Klavierspielen hat er wirklich nicht verlernt!

Nur Talent oder schon Genie? Auf diese Frage spitzen es Kritiker immer wieder zu, wenn es darum geht, das Phänomen Tarmo Peltokoski einzuordnen. »Achtung – hier kommt ein Genie!« heißt es da. »Es verschlägt einem die Sprache«, jubelt Rémy Louis in der französischen Musikzeitschrift »Diapason«. Hymnen wir diese sieht der Dirigent eher skeptisch, was ihn sympathisch macht. »In einem Artikel steht das eine, in einem anderen steht das Gegenteil. Davon will ich mich nicht ablenken lassen.« Am Pult bleibt er klar und ruhig. Nur nicht die Kontrolle verlieren, ist sein Motto. Schon gar nicht bei Musik seines verehrten Richard Wagner, dessen Werke er mittlerweile ausgiebig erkundet.
Tarmo Peltokoski ist auf steilem Karrierekurs. Posten, Anfragen, ein zweites Album bei der Deutschen Grammophon ist auch in Vorbereitung. Dass er bei alldem noch viel lernen wird, ja lernen muss, das weiß er auch. »In jedem Fall gibt es sehr viel Musik, die ich noch gar nicht richtig kenne. Lerne ich die Musik kennen, lerne ich auch mich kennen.« Vor elf Jahren hat Peltokoski den alten Jorma Panula mit seinem Talent aus dem verdienten Ruhestand gelockt. Heute taucht der mittlerweile fast 95-jährige Pädagoge regelmäßig auf seinen Geburtstagspartys auf. Und Peltokoski? Er tut weiterhin das, was er wagemutig schon beim Vorspiel in Vaasa gemacht hat. »Ich gehe einfach auf die Bühne und mache Musik.«
Text: Markus Bruderreck
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- So 31.08.2025
- 16.00 Uhr
Diese Veranstaltung liegt in der Vergangenheit!
Konzertante Oper
Mozart: Die Zauberflöte
Festliche Saisoneröffnung – Tarmo Peltokoski dirigiert Mozarts Opernklassiker
- Mitwirkende
- Mitwirkende
- Mauro Peter Tamino
- Elsa Dreisig Pamina
- Kathryn Lewek Königin der Nacht
- Miriam Kutrowatz Papagena
- Äneas Humm Papageno
- Andreas Conrad Monostatos
- Manuel Winckhler Sarastro
- Silja Aalto Erste Dame
- Iris van Wijnen Zweite Dame
- Marie Seidler Dritte Dame
- Martin Logar Erster Geharnischter
- Marcell Bakonyi Sprecher, Zweiter Geharnischter
- Maximilian Fieth Zweiter Priester
- Chorwerk Ruhr
- St. Florianer Sängerknaben
- Frederick Derwein Erster Knabe
- David Platzer Zweiter Knabe
- Laurenz Oberfichtner Dritter Knabe
- Michael Alber Einstudierung
- Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen
- Tarmo Peltokoski Dirigent
- Romain Gilbert Regie
- Hervé Gary Lichtdesign
- Programm
- Programm
- Wolfgang Amadeus Mozart »Die Zauberflöte« KV 620 Oper in zwei Aufzügen (halbszenische Aufführung in deutscher Sprache mit Übertiteln)
- – Pause –
- Fr 10.10.2025
- 19.00 Uhr
Diese Veranstaltung liegt in der Vergangenheit!
Orchesterkonzert
Rotterdam Philharmonic Orchestra – Tschaikowsky Violinkonzert
Exklusivkünstler Tarmo Peltokoski & Jungstar Daniel Lozakovich
- Mitwirkende
- Mitwirkende
- Rotterdam Philharmonic Orchestra
- Tarmo Peltokoski Dirigent
- Daniel Lozakovich Violine
- Programm
- Programm
- Peter Iljitsch Tschaikowsky Konzert für Violine und Orchester D-Dur op. 35
- Johann Sebastian Bach Sarabande aus Suite für Violoncello solo Nr. 1 G-Dur BWV 1007 (Zugabe)
- – Pause –
- Dmitri Schostakowitsch Sinfonie Nr. 7 C-Dur op. 60 »Leningrader«
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