Ein Hauch von Hollywood

Wie oft hat man schon einen Oscar-nominierten Künstler im Haus?

Volker Bertelmann, wie Hauschka eigentlich heißt, schrieb 2016 den Soundtrack zu Garth Davis’ Film »Lion« und wurde im folgenden Jahr mit einem »AACTA Award« ausgezeichnet und für einen »Academy Award«, »Golden Globe« und »BAFTA« nominiert. Seit 2018 ist er Mitglied der Academy of Motion Picture Arts and Sciences. Hollywood hautnah im Konzerthaus Dortmund.

Hauschka © Gregor Hohenberg

Bevor er als Oscar-nominierter Komponist, Produzent und Pianist bekannt wurde, war Volker Bertelmann schon lange daran interessiert, unzählige Einflüsse aufzunehmen und seine kreativen Grenzen zu erweitern. Er experimentierte bereits in jungen Jahren damit, wie er das Klavier durch Präparationen unterschiedlich klingen lassen konnte, eine Technik, die 1940 von John Cage eingeführt wurde. Eigentlich wollte er elektronische Musik machen, hatte aber keine Lust, mit einem Computer auf der Bühne aufzutreten, der zwischen ihm und dem Publikum stehen würde. Dann klemmte er Kronkorken, Filzkeile, Pergamentpapier oder Plastikfolie zwischen die Saiten, arbeitete mit Klebeband, erzeugte erstaunlich elektronisch und perkussiv wirkende Klänge und entdeckte eine neue Musikwelt für sich.

»Als ich das zum ersten Mal ausprobiert habe, hat mich das klanglich an diese frühen Sequencing-Sachen erinnert. Aus Erfahrung weiß ich, welchen Klang die Materialien erzeugen, was eher wie eine Hi-Hat klingt und was eher wie ein Tamburin. Mit Filzkeilen kann ich an beliebigen Stellen Pizzikati erzeugen, und bei den tiefsten Tasten baue ich mir meistens eine Bassdrum. Manchmal verfolge ich auch das Objekt beim Spielen, wenn es sich im Klavier bewegt und lasse mich dann selbst überraschen.« Routine kann hier gar nicht erst aufkommen, jedes Konzert ist anders.

Während Bertelmann sich als Solokünstler Hauschka einen Namen gemacht hat – mit zahlreichen Auftritten und Musikproduktionen in erstaunlichem Tempo –, ist ein Großteil seiner Arbeit in Zusammenarbeit entstanden, sei es für Theater, Tanz, Fernsehen oder Film. Er hat mit der Grammy-Preisträgerin Hilary Hahn ein Album aufgenommen, komponierte für Solisten wie den Mandolinisten Avi Avital und den Cellisten Nicolas Altstaedt, für Ensembles und Orchester, unter anderem zusammen mit der isländischen Experimentalband múm für das MDR-Sinfonieorchester als Artist in Residence. Seit 2005 gibt es in Düsseldorf das von Hauschka gegründete Approximation Festival, das versuchen möchte, sich dem so vielseitigen Instrument Klavier auf eine neue, innovative Weise und auf der Basis verschiedenster Kontexte oder Stile anzunähern. 

Hauschkas Kalender ist ziemlich voll. Deshalb gibt er nur noch selten Solo-Konzerte für präpariertes Klavier. Was für eine Ehre, dass er im Oktober das Innenleben seines Klaviers in Dortmund mit Schellen und Tamburin, mit Gaffer-Tape und Filz, Nägeln, Bolzen, Folien und schließlich einer Ladung Tischtennisbällen zum Tanzen bringt.