• Di 03.03.2015

Mr. Red Horn

Der schwedische Jazz-Posaunist Nils Landgren im Zeitinsel-Porträt

Nils Landgren ist Skandinavier, Mittsommernachtstänzer, Nordmann der eher kühl vermuteten Art. Doch er folgt der Musik mit Vorliebe in schwüle Gefilde, in die Sounds des amerikanischen Südens, die sich lasziv über Sumpflandschaften legen und ab und zu wie ein aufgeschreckter Alligator zupacken. Dann lächelt Landgren, dreht sich um die eigene Achse und verwandelt das Raubtier kurzerhand in knackige Sounds. So einen Teufelskerl muss das Konzerthaus einfach mal in seiner ganzen Pracht zeigen – oder mit drei Tagen Zeitinsel zumindest einen Anfang wagen. Denn der Mann mit der roten Posaune ist mit seiner Funk Unit, seinen Jazzballaden-Projekten und in immer wieder neuen Konstellationen unter eigenem Namen im Schnitt 200 Tage im Jahr vielseitig unterwegs.

Nils Landgren ist früh zur Musik gekommen. Als Sechsjähriger, Albtraum aller Eltern, begann er Schlagzeug zu spielen – bis er mit 13 seine Bestimmung fand und zur Posaune wechselte. Heute ist er selbst als Talentscout und Produzent unterwegs. Er vermittelt sein Know-how an Studenten in Hamburg und Shanghai, berät die NDR Bigband und plant Konzerte für das »Jazzfest Berlin« oder aktuell bei »JazzBaltica«. Auch in Dortmund ist sein Planer-Spürsinn gefragt: Eines seiner Zeitinsel-Konzerte lässt Landgren mit Auftritten seiner »Entdeckungen« beginnen, bevor er die Bühne selbst erobert. 

Für die ihm gewidmete Zeitinsel fährt Nils Landgren groß auf, wenn ihn die Bochumer Symphoniker unter der Leitung des Komponisten Vince Mendoza nach Dortmund begleiten. Kompositionen und neue Arrangements von Mendoza stehen dabei ebenso auf dem Programm wie Landgrens eigenes Repertoire im Breitwandformat. Die weiteren Konzerte markieren Fixpunkte im persönlichen Universum des Musikers. Einen Teil seiner Zeit widmet er seinem Projekt Funk for Life, mit dem er sich für die Unterstützung und musikalische Ausbildung afrikanischer Jugendlicher einsetzt. Dieses Engagement führte ihn und seine Funk Unit auch mit der südafrikanischen Soulsängerin Lira zusammen, die den ersten Dortmunder Abend unter anderem mit traditionellen Klängen des schwarzen Kontinents erfüllt. Das Programm My Swedish Heart stellt dagegen die musikalischen Wurzeln des singenden, swingenden Posaunisten in den Vordergrund: schwedische Volkslieder, neu arrangiert für Big Band. Dabei stellt sich Landgren der reichen Folklore-Tradition seines Landes genauso lässig wie dem bisher Ungehörten. So cool wie er ist in Schweden eben bestenfalls noch Karlsson vom Dach. Aber während der alles andere als nett ist, kommt Landgren ohne Feinde über die Runden. Die Verbindung zu Karlsson und anderen Lindgren-Figuren ist trotzdem legitim, denn mit seiner Bohuslän Big Band bringt der Posaunist in Dortmund ein Kinderkonzert auf die Bühne, das auch nostalgische Erwachsenenherzen höherschlagen lässt: ein Programm mit den Melodien der großartigen Astrid-Lindgren-Filme. Und da die skandinavische Jazz-Szene reich, die Welt aber doch irgendwie klein ist, kommt Landgren gleich mit dem Komponisten dieser Stücke ins Konzerthaus. Georg Riedel ist mit unserem Zeitinsel-Protagonisten der Kopf des Programms Michel, Pippi, Karlsson & Co.

Drei bewegte Jazztage im März, zu denen Landgren selbst voller Vorfreude persönlich einlädt:

»Herzlich willkommen zu meiner Zeitinsel, wo die Zeit stillsteht, sich aber trotzdem bewegt. Es ist eine musikalische Reise durch mein eigenes musikalisches Universum, von Pippi Langstrumpf über skandinavische Wolken, in die Welt hinaus mit der Funk Unit und der südafrikanischen Sängerin Lira bis zum vollen Sinfonieorchester und Vince Mendoza. Das Programm fasst alles zusammen: meine Träume, mein Leben, meine Zeitinsel.«

 

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