Alle Wege führen ans Pult

  • Yuja Wang © Julia Wesely
    Yuja Wang © Julia Wesely
  • Yuja Wang spielt Ravels Klavierkonzert G-Dur
  • Klaus Mäkelä dirigiert Debussy »La Mer«

Die Musikwelt reißt sich um Klaus Mäkelä, und Dortmund hat ihn bekommen: Im September steht er im Konzerthaus am Pult des Royal Concertgebouw Orchestra, bei dem er 2027 neuer Chefdirigent wird.

Es läuft für Klaus Mäkelä, und wie es läuft: 27 Jahre ist der Finne mit der leicht nerdigen Brille und dem verschmitzten Lächeln erst alt – als Dirigent steckt man da meist noch in den Kinderschuhen. Nicht so Klaus Mäkelä, denn um den reißen sich schon jetzt die renommiertesten Orchester der Welt. Seit 2020 ist er Chefdirigent beim Oslo Philharmonic, seit 2021 außerdem Musikdirektor des Orchestre de Paris, und seit Herbst 2022 verbindet ihn eine künstlerische Partnerschaft mit dem Royal Concertgebouw Orchestra, bei dem er mit Beginn der Spielzeit 2027/28 ebenfalls die Leitung übernimmt. Drei Chefpositionen bei großen internationalen Orchestern sind eine ganz schöne Herausforderung, doch die Entscheidung war wohlüberlegt. Denn lieber arbeitet Klaus Mäkelä intensiv mit »seinen« drei Orchestern, statt als Gastdirigent auf Durchreise jeden Tag einen anderen Klangkörper zu dirigieren. Diese Form der längerfristigen Zusammenarbeit hat für ihn einen entscheidenden Vorteil, wie er in einem Interview sagte: »Man lernt die Leute besser kennen, muss weniger sprechen in den Proben, versteht sich schneller. Das spart eine Menge Zeit und gibt uns die Möglichkeit, wirklich Musik zu machen.«

1996 in Helsinki geboren, wuchs Klaus Mäkelä in einer äußert musikalischen Familie auf, denn beide Eltern sind Profimusiker: der Vater Cellist, die Mutter Pianistin. Musik war also fester Bestandteil des Alltags, zum Beispiel im Kinderchor der Oper seiner Heimatstadt, wo Klaus Mäkelä mit sieben Jahren in einer »Carmen«-Aufführung im »Chor der Gassenjungen« sang. Ein für ihn prägender Moment, der seine Begeisterung für die Musik maßgeblich befeuerte. Vor allem die Aura des Dirigenten, die Kraft, die von ihm ausging, hat ihn nach eigener Aussage fasziniert. Er selbst wählte jedoch zunächst das Cello als sein Instrument, legte auch dort ein besonderes Talent an den Tag – und spielte mit 15 Jahren schon als professionelle Aushilfe im Helsinki Philharmonic Orchestra.

Mehr erfahren

Ein paar Jahre später, da war er eben volljährig, bot sich bei eben diesem Klangkörper auch die Gelegenheit als Dirigent zum ersten Mal vor Publikum aufzutreten. 2018 folgte sein Debüt beim Oslo Philharmonic, bei dem er die Musiker derart beeindruckte, dass sie ihm nur wenige Monate später die Chefposition anboten – der Rest der Geschichte ist bekannt. Natürlich braucht es für eine derart rasante Entwicklung das nötige Quäntchen Glück. Vor allem aber braucht es eine solide musikalische Basis, ohne die das Karriere-Kartenhaus schnell in sich zusammenstürzen würde. Hilfreich war natürlich, dass Klaus Mäkelä von Kindesbeinen an in den Musikerberuf hineinwachsen konnte: »Ich konnte es einfach machen, ohne groß darüber nachzudenken!« Von zentraler Bedeutung war aber auch der fast schon legendäre Jorma Panula, aus dessen Dirigenten-Schmiede derart klangvolle Namen wie Esa-Pekka Salonen, Jukka-Pekka Saraste oder Osmo Vänskä hervorgegangen sind. Panula hat mittlerweile eine ganze Generation von Dirigenten geprägt und setzt bei seinen Schützlingen auf betont reale Ausbildungsbedingungen. Bei ihm hat Klaus Mäkelä gelernt, sich »richtig tief reinzugraben« in ein Werk, außerdem ein »gutes Ohr für Artikulation und die richtige Balance«. Und so entwickelte sich das Dirigieren für ihn ganz organisch zu einer Art zweiten Muttersprache, die Kommunikation mit dem Orchester ist ihm längst in Fleisch und Blut übergegangen.

Aufmerksam auf den dirigierenden Wunderknaben sind indes nicht nur Orchester geworden, sondern längst auch die großen Plattenfirmen. Das Rennen machte das Traditionslabel Decca, das den Finnen exklusiv unter Vertrag nahm – was bei einem Dirigenten zuletzt 1978 der Fall war. Und gleich die erste Veröffentlichung war ein Paukenschlag: eine Box mit sämtlichen Sinfonien seines Landsmannes Sibelius, eingespielt mit dem Oslo Philharmonic während des Corona-Lockdowns. Ganz pressfrisch gibt es mittlerweile außerdem Strawinskys »Le sacre du printemps« mit dem Orchestre de Paris. Wenn sein Terminkalender es ihm erlaubt, wird aus dem Dirigenten Klaus Mäkelä manchmal aber auch wieder der Cellist, »weil es für mich als Dirigent wichtig ist, eine körperliche Verbindung zum Klang zu haben. Schließlich fordere ich von Musikern, Dinge auf eine bestimmte Art zu spielen. Wenn ich von Zeit zu Zeit also selbst am Instrument sitze, verliere ich zu diesem Prozess nicht den Kontakt, es erdet mich«. Wie sehr, das demonstriert er im gemeinsamen Konzert mit dem Royal Concertgebouw Orchestra, seinem neuen musikalischen Heimathaften.

    • Di 26.09.2023
    • 19.00 Uhr

    Orchesterkonzert

    Klaus Mäkelä, Yuja Wang & Concertgebouw Orchestra

    Yuja Wang spielt beide Ravel Klavierkonzerte